Am 15.07.2020 hatten wir gemeinsam mit der SeWo e. V. unter dem Titel „Runter von der Straße! Für menschenwürdige Unterbringung“ zur Demo aufgerufen. Wir geben Euch hier einen Bericht inkl. Fotos.
Vorgeschichte
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie bewegte die Kommune und die Region Hannover dazu, die Jugendherberge Hannover ab dem 15.04.2020 für von Obdachlosigkeit betroffene Menschen anzumieten. In dieser Einzelunterbringung hatten die Betroffenen die Möglichkeit sich vor der Ansteckung zu schützen, aber auch die Chance, seit langem einmal zur Ruhe zu kommen, einen Rückzugsort und Privatsphäre zu haben. Zum 15.07. sollte die Anmietung enden, ohne dass angemessene Anschlussperspektiven für die Menschen erarbeitet worden wären.
Zudem gibt es in Hannover Schätzungen zufolge etwa 400 Obdachlose, die nicht erst seit Corona vor der Wahl stehen, in unwürdigen Notschlafstellen, Mehrbettzimmern in städtischen Obdächern oder aber auf der Straße zu schlafen. Wir sind der Überzeugung, dass es einer menschenwürdigen Einzelunterbringung bedarf, damit Betroffene von Wohnungslosigkeit überhaupt erst die Möglichkeit haben, eigene Ressourcen zu aktivieren und sich (ggf. mithilfe einer Unterstützung auf Augenhöhe durch Fachkräfte) aus der Situation der Wohnungslosigkeit zu befreien.
Dies war für uns der Anlass, nicht nur für die in der Jugendherberge untergebrachten Menschen, sondern auch für die übrigen Obdachlosen in Hannover auf die Straße zu gehen, um für die menschenwürdige Unterbringung aller zu kämpfen.
Am Abend vor der Demo fiel der Entschluss, die Betroffenen in einem Gästehaus und einem Hotel unterzubringen. Doch abgesehen davon, dass die neue Unterbringung wiederum zeitlich begrenzt war, was nach wie vor große Unsicherheit für die Betroffenen bedeutete, hatte sich für die übrigen von Obdachlosigkeit betroffenen Menschen nichts geändert. Zumal es nicht geplant war, diese Form der Unterbringung weiter auszubauen. Daher fand die Demo wie geplant statt.
Bericht von der Demo
Gemeinsam mit schätzungsweise 50-60 Betroffenen sowie Vereinen & Intitiativen wurden insgesamt bis zu 200 Leute mobilisiert. An diversen Stationen (Steintor, Neues Rathaus, Kröpcke & Andreas-Hermes-Platz) gab es Redebeiträge von Betroffenen und Unterstützenden. Am Neuen Rathaus kam Oberbürgermeister Belit Onay dazu und richtete auf unsere Einladung hin einige Worte an die Demonstrierenden. Er begrüßte und bedankte sich für den Protest und bat darum, sich auch weiterhin kritisch und konstruktiv mit dem Thema auseinanderzusetzen.
So konnten wir gemeinsam laut- und bildstark auf die missliche Lage der Betroffenen aufmerksam machen. Der größte Erfolg an diesem Tag war aus unserer Sicht die Anerkennung, die die Betroffenen durch die breite Resonanz erfahren haben.
Redner waren:
Reinhold Fahlbusch (StiDU e. V.), Wolfgang (Asphalt-Magazin), Stina Kamper (AKS – Arbeitskreis kritische Soziale Arbeit Hannover), Udo Niedergerke (Ricarda und Udo Niedergerke Stiftung), Nordstadt Solidarisch, Dirk Machentanz (DIE LINKE. Ratsfraktion Hannover) sowie Jan Goering (SeWo e. V.-Geschäftsführer), Alexander Eisele (SeWo und armtstinkt.de), Florian Schulz (SeWo und armutstinkt.de) und mindestens zehn spontane Beiträge von Betroffenen.
Herzlichen Dank an alle beteiligten Redner und Unterstützenden und alle, die fleißig zur Demo aufgerufen, mitorganisiert und geholfen haben – damit wurde diese großartige Aktion erst möglich!
Hier ein paar Eindrücke von der Demo: